Dieter Kalka, NEGERKÜSSE IN ZIGEUNERSOSSE
Eine Streitschrift
Mit 12 Bildern von Werner Bernreuther
Negerküsse? In Zigeunersoße? Wie schmeckt das? Ist das vielleicht ein Kochbuch hier?
Ich habe mal reingeschaut und kann versichern: Nein!
Noch vor einem Jahr hätten Autor und Maler nicht gedacht, daß sie irgendwann einmal in die Situation kämen, ihre Muttersprache verteidigen zu müssen. Als wäre jetzt, nachdem die Deutschen siebzig Jahre lang tüchtig bereut haben, ihre Sprache an der Reihe. Dabei gehört sie zu den schön-
sten, welche die Menschheit hervorgebracht hat, ganz besonders, wenn man sich an die alte Rechtschreibung erinnert, in der dieses Buch verfaßt wurde.
Edition Beulenspiegel im AndreBuchVerlag
ISBN 978-3-949142-04-5, 72 S.
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Interessnt zum Buch mag noch der Schmähartikel von Benjamin Beutler im NEUEN DEUTSCHLAND vom 13. Juni 2022 sein, der eine ganze Reihe von Antworten fand. Diese lassen sich hier nachlesen: http://www.logopaedie-connewitz.de/zigeunersosse/ fand. Diese lassen sich hier nachlesen: http://www.logopaedie-connewitz.de/zigeunersosse/
Zur Rezension -
Heute stieß ich auf folgende Rezension, die ich an dieser Stelle einmal auch potenziellen Lesern zugänglich machen möchte: Jens Kirsten Sprechverbote. Sprechverbote? Dieter Kalka Negerküsse in Zigeunersoße. Eine Streitschrift. Mit 12 Bildern von Werner Bernreuther, Edition Beulenspiegel im AndereBuchVerlag, Lengenfeld/Vogtl. 2022, 72S., 11 EUR. Dieter Kalkas Streitschrift lässt den Leser erst einmal tief Luft holen. Die Überschrift will provozieren und, um es gleich vorwegzunehmen, dahinter verbirgt sich keineswegs ein rassistisches Pamphlet. Es geht um Sprache, die deutsche, um Inhalt und Form. Der in Leipzig und Meuselwitz lebende Dieter Kalka hat meh rere Berufe. Er ist Liedermacher, Schriftsteller und Logopäde. In let- zerem hat er mit denen zu tun, die es mit der Sprache schwer haben. Dieter Kalka regt sich - nicht nur mit Blick auf seine kleinen und grö ßeren Patienten - über verordnete, nicht gewachsene Veränderungen unserer Sprache auf, die sie — seiner Meinung nach - nicht leichter ver ständlich und besser machen, son dern sie verbiegen und in ein Kor sett zu pressen versuchen. In dem schmalen Bändchen, das Werner Bernreuther mit zwölf hin tersinnigen Zeichnungen bereichert hat, unternimmt Dieter Kalka in sechs Kapiteln einen höchst ver gnüglichen, sehr lesenswerten und mitunter durchaus provozierenden Streifzug durch unsere gegenwärtige Sprache. Der Untertitel des Buches lautet: Mit der Sprachpolente aufPa trouille. Es spricht all jenen aus dem Her zen, denen das Pathos in den ge genwärtigen Debatten um Sprach- doktrin und Verhaltenskodizes, um Sprechpausen beim Nichtsprechen von gedruckten Genderstcrnchen — die ähnlich daherkommen wie Gänsefüßchen, die manche beim Sprechen in die Luft kritzeln - mit unter zu hoch und zu viel wird. Und diejenigen, die das genau ent gegengesetzt sehen, finden Gelegen heit, ihre Argumente nachzuschär fen oder lassen sich vielleicht von dem humorvollen und menschen freundlichen Ton Kalkas hin und wider zu einem Lächeln verführen: Der DDR-Schriftsteller Wolfgang Schreyer schrieb seinen Zensoren bei der Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel in den 1980er Jah ren ins Stammbuch: „Man soll den Helm nur so eng schnallen, dass die Gesichtszüge kenntlich bleiben.“ Dieter Kalkas Streitschrift ist alles andere als verbissen, sondern voller Alltagshumor, Schlagfertigkeit und Wortwitz. Kalka kann mit Sprache umgehen, jonglieren, hauchen, an deuten, scheinbar Unaussprech liches sagen, auf den Punkt brin gen. Und das ist wichtig bei einem Thema, in dem so unendlich viel auf Takt und Geschmack und Zwi schentöne ankommt: Denn natür lich kann man jemanden auch ohne Verwendung „verbotener“ Wörter rassistisch beleidigen. Und Kalka schreibt über Dinge, die uns mehr und mehr abhanden kommen, wenn wir nicht mehr so reden dür fen, wie uns der Schnabel gewach sen ist. An einer Stelle spricht Kalka vom Plastikdeutsch und erinnert damit an die bis heute aktuelle Un tersuchung des Sprachwissenschaft lers Uwe Pörksen, der schon 1988 in seinem Buch Plastikwörter die von ihm so genannte „Sprache einer internationalen Diktatur“ entlarvte. Kalka arbeitet nicht nur genau am Wort, sondern bringt auch in der Sache Argumente: Wer Sinti und Roma sagt, schreibt er, diskri miniere eine Vielzahl anderer Grup pen Fahrender: Lovara, Lalleri, Manouche, Jerli, Gitanos; die Sin ti-Allianz verwendet Zigeuner als Selbstbezeichnung, soTibor Racz in der taz vom 15. April 2015. Dessen Artikel, in dem es auch um Zigeun ersoße und Ethnoschnitzel geht, hat Kalka olfenbar zu seinem Buchtitel inspiriert. Er will damit die gerade bei Intellektuellen seit dem Alter tum verbreitete Ansicht, man ände re die Welt zum Guten, wenn man die Sprache zum Guten ändere, in Frage stellen. Er will natürlich nicht diskriminieren, er will hinterfragen, nicht nachäffen, er spürt Unsicher heiten im Umgang mit bestimmten Vokabeln auf und setzt sich mit ih rem Gebrauch kritisch auseinander. Aus diesen Überlegungen folgt ein Kapitel über unser koloniales Erbe, welches, so Kalka, sich mit sprachli chen HeftpHastern ä la „poc“ weder kaschieren noch wiedergutmachen lässt. Den allzu korrekten, auf sprachli che Genauigkeit bedachten Tugend wächtern, zu denen er auch all jene zählt, die sprachliche Neuschöpfun gen Einzelner bedingungslos über nehmen und gesetzlich verankern, attestiert er Scheinheiligkeit. Nicht nur, dass überkomplexe Sprachre gelungen gerade unterprivilegier te Menschen (darunter oftmals Migranten) diskriminieren, weil sie die Regeln gar nicht verstehen kön nen. Zuerst, sagt Kalka, müsste der deutsche Staat die Nofretete samt Pergamonaltar zurückgeben, Wie dergutmachung in Milliardenhöhe an die Staaten Afrikas zahlen, für die drei Kriege zu Anfang des 20. Jahrhunderts, die mit über einer Million Toten endeten. Statt konstruierter Begriffe sollte gerechtes Handeln im Vordergrund stehen. Die Sprache ändert sich im Laufe der Zeit von selbst, aus der Gesellschaft heraus. Kalka bringt es in seiner Streitschrift aufden Punkt: Die Sprache gehört uns allen. Nicht dem Staat und keiner Sprachpolizei. Sprechverbote. Sprechverbote? Dieter Kalka Negerküsse in Zigeunersoße. Eine Streitschrift. Mit 12 Bildern von Werner Bernreuther, Edition Beulenspiegel im AndereBuchVerlag, Lengenfeld/Vogtl. 2022, 72S., 11 EUR. Dieter Kalkas Streitschrift lässt den Leser erst einmal tief Luft holen. Die Überschrift will provozieren und, um es gleich vorwegzunehmen, dahinter verbirgt sich keineswegs ein rassistisches Pamphlet. Es geht um Sprache, die deutsche, um Inhalt und Form. Der in Leipzig und Meuselwitz lebende Dieter Kalka hat meh rere Berufe. Er ist Liedermacher, Schriftsteller und Logopäde. In let- zerem hat er mit denen zu tun, die es mit der Sprache schwer haben. Dieter Kalka regt sich - nicht nur mit Blick auf seine kleinen und grö ßeren Patienten - über verordnete, nicht gewachsene Veränderungen unserer Sprache auf, die sie — seiner Meinung nach - nicht leichter ver ständlich und besser machen, son dern sie verbiegen und in ein Kor sett zu pressen versuchen. In dem schmalen Bändchen, das Werner Bernreuther mit zwölf hin tersinnigen Zeichnungen bereichert hat, unternimmt Dieter Kalka in sechs Kapiteln einen höchst ver gnüglichen, sehr lesenswerten und mitunter durchaus provozierenden Streifzug durch unsere gegenwärtige Sprache. Der Untertitel des Buches lautet: Mit der Sprachpolente aufPa trouille. Es spricht all jenen aus dem Her zen, denen das Pathos in den ge genwärtigen Debatten um Sprach- doktrin und Verhaltenskodizes, um Sprechpausen beim Nichtsprechen von gedruckten Genderstcrnchen — die ähnlich daherkommen wie Gänsefüßchen, die manche beim Sprechen in die Luft kritzeln - mit unter zu hoch und zu viel wird. Und diejenigen, die das genau ent gegengesetzt sehen, finden Gelegen heit, ihre Argumente nachzuschär fen oder lassen sich vielleicht von dem humorvollen und menschen freundlichen Ton Kalkas hin und wider zu einem Lächeln verführen: Der DDR-Schriftsteller Wolfgang Schreyer schrieb seinen Zensoren bei der Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel in den 1980er Jah ren ins Stammbuch: „Man soll den Helm nur so eng schnallen, dass die Gesichtszüge kenntlich bleiben.“ Dieter Kalkas Streitschrift ist alles andere als verbissen, sondern voller Alltagshumor, Schlagfertigkeit und Wortwitz. Kalka kann mit Sprache umgehen, jonglieren, hauchen, an deuten, scheinbar Unaussprech liches sagen, auf den Punkt brin gen. Und das ist wichtig bei einem Thema, in dem so unendlich viel auf Takt und Geschmack und Zwi schentöne ankommt: Denn natür lich kann man jemanden auch ohne Verwendung „verbotener“ Wörter rassistisch beleidigen. Und Kalka schreibt über Dinge, die uns mehr und mehr abhanden kommen, wenn wir nicht mehr so reden dür fen, wie uns der Schnabel gewach sen ist. An einer Stelle spricht Kalka vom Plastikdeutsch und erinnert damit an die bis heute aktuelle Un tersuchung des Sprachwissenschaft lers Uwe Pörksen, der schon 1988 in seinem Buch Plastikwörter die von ihm so genannte „Sprache einer internationalen Diktatur“ entlarvte. Kalka arbeitet nicht nur genau am Wort, sondern bringt auch in der Sache Argumente: Wer Sinti und Roma sagt, schreibt er, diskri miniere eine Vielzahl anderer Grup pen Fahrender: Lovara, Lalleri, Manouche, Jerli, Gitanos; die Sin ti-Allianz verwendet Zigeuner als Selbstbezeichnung, soTibor Racz in der taz vom 15. April 2015. Dessen Artikel, in dem es auch um Zigeun ersoße und Ethnoschnitzel geht, hat Kalka olfenbar zu seinem Buchtitel inspiriert. Er will damit die gerade bei Intellektuellen seit dem Alter tum verbreitete Ansicht, man ände re die Welt zum Guten, wenn man die Sprache zum Guten ändere, in Frage stellen. Er will natürlich nicht diskriminieren, er will hinterfragen, nicht nachäffen, er spürt Unsicher heiten im Umgang mit bestimmten Vokabeln auf und setzt sich mit ih rem Gebrauch kritisch auseinander. Aus diesen Überlegungen folgt ein Kapitel über unser koloniales Erbe, welches, so Kalka, sich mit sprachli chen HeftpHastern ä la „poc“ weder kaschieren noch wiedergutmachen lässt. Den allzu korrekten, auf sprachli che Genauigkeit bedachten Tugend wächtern, zu denen er auch all jene zählt, die sprachliche Neuschöpfun gen Einzelner bedingungslos über nehmen und gesetzlich verankern, attestiert er Scheinheiligkeit. Nicht nur, dass überkomplexe Sprachre gelungen gerade unterprivilegier te Menschen (darunter oftmals Migranten) diskriminieren, weil sie die Regeln gar nicht verstehen kön nen. Zuerst, sagt Kalka, müsste der deutsche Staat die Nofretete samt Pergamonaltar zurückgeben, Wie dergutmachung in Milliardenhöhe an die Staaten Afrikas zahlen, für die drei Kriege zu Anfang des 20. Jahrhunderts, die mit über einer Million Toten endeten. Statt konstruierter Begriffe sollte gerechtes Handeln im Vordergrund stehen. Die Sprache ändert sich im Laufe der Zeit von selbst, aus der Gesellschaft heraus. Kalka bringt es in seiner Streitschrift aufden Punkt: Die Sprache gehört uns allen. Nicht dem Staat und keiner Sprachpolizei.
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